KI im Klassenzimmer? Der Chatbot ChatGPT

23.02.2023 | Aktuelles

Quelle: pixabay.de

Im November 2022 wurde ChatGPT öffentlich zugänglich, erzielte hohe Benutzer*innen-Zahlen und erregte große öffentliche Aufmerksamkeit. Welche Technologie hinter Chat GPT steckt und welche Chancen und Herausforderungen der Chatbot für Kinder und Jugendliche birgt, erfahren Sie hier.

Er kann Hausaufgaben schreiben, Geschichten erzählen und fast alle Fragen beantworten: Unter anderem damit sorgte der Chatbot ChatGPT in den letzten Monaten für einige Schlagzeilen und löste damit einen Hype aus. Durch seine öffentliche Zugänglichkeit erreichte ChatGPT bereits in den ersten Monaten Benutzer*innen-Zahlen in Millionenhöhe und faszinierte insbesondere aufgrund der Kompetenz, kreative und sprachlich hochwertige Antworten auf die Fragen der Nutzer*innen geben zu können.

Auch Kinder und Jugendliche nutzen den Chatbot, was gerade im Schulkontext für Aufsehen sorgt: So merken beispielsweise einige Lehrer*innen an, dass sie nicht mehr unterscheiden könnten, ob Schüler*innen ihre Hausaufgaben selbst verfasst haben oder dabei Unterstützung von ChatGPT hatten. In folgendem Überblick erfahren Sie deshalb, wie der Chatbot funktioniert und erhalten Tipps für die (medien)pädagogische Praxis.

Was ist ChatGPT?

ChatGPT ist ein Chatbot, der grundlegend auf der Technologie der Künstlichen Intelligenz (KI) basiert und darauf programmiert ist, menschliche Antworten auf Fragen zu geben. Der Chatbot wurde von OpenAI programmiert und trainiert. Prominenter Gründer von OpenAI ist unter anderem Elon Musk, das Unternehmen kooperiert außerdem mit Microsoft. OpenAI verfolgt laut eigenen Angaben die Mission, zu einem sicheren und für die Menschheit gewinnbringendem Einsatz von Künstlicher Intelligenz beizutragen.

Die Technologie(n) dahinter

Der Chatbot basiert auf verschiedenen Technologien des Maschinellen Lernens. Maschinelles Lernen gilt als eine Teiltechnologie von Künstlicher Intelligenz, bei der die KI durch Erfahrungen bzw. Statistiken bestimmter Algorithmen dazu lernt und auf dieser Basis Wissen erzeugt. Maschinelles Lernen umfasst wiederum Teiltechnologien, die sich im ChatGPT mischen. Zunächst wurde durch Supervised Learning das Sprachmodell GPT trainiert. Dabei ging es zunächst darum, das nächste Wort eines Textausschnittes vorherzusagen.

Dieses Sprachmodell ist die Grundlage von ChatGPT. Allerdings wird hier eine weitere Technologie angewandt: Open AI beschreibt diese selbst als „Reinforcement Learning from Human Feedback“. Reinforcement Learning heißt ins Deutsche übersetzt: bestärkendes Lernen und ist ebenfalls eine Teilkategorie des Maschinellen Lernens. In der Theorie bewegt sich die programmierte Software oder Anwendung, die man in der Fachsprache als “Agent” bezeichnet, in einem bereits angelegten Szenario und lernt durch Interaktion mit seiner Umwelt dazu. Durch ein Belohnungssystem lernt der Agent nach und nach, welche Aktionen die richtigen sind und wird immer kompetenter.

Das Szenario umfasst bei ChatGPT große textbasierte Datensätze aus dem gesamten Internet. Weil das Szenario vorangelegt ist, wurde der Chatbot nur bis Ende 2021 mit diesen Daten gefüttert und enthält keine aktuelleren Daten. ChatGPT verbessert sich durch die Interaktion mit Menschen.

Was kann ChatGPT (nicht)?

ChatGPT wurde so programmiert, dass er die textliche Qualität seiner Antworten stetig verbessert. Auf inhaltlicher Ebene bedeutet das: Der Chatbot recherchiert bei der Anwendung nicht, sondern greift auf den Datensatz zurück, auf den er trainiert wurde. Die Antworten von ChatGPT basieren in diesem Fall auf Daten, die Ende 2021 aktuell waren. Bei der Nutzung sollte deshalb gegengecheckt werden, ob die ausgespuckten Inhalte noch der Aktualität entsprechen.

Dennoch umfasst der Datensatz, auf dem ChatGPT basiert, eine Menge an Textdaten, die das menschliche Gehirn nicht aufnehmen könnte. ChatGPT hat damit das Potenzial, beispielsweise einen Überblick über bestimmte Themen oder bestimmtes Wissen zu geben. Die Initiative Safer Internet schlägt Schüler*innen beispielsweise vor, den Chatbot als Selbsttest zu nutzen: Er könne beispielsweise eine Prüfung erstellen und Schüler*innen damit selbst überprüfen, ob sie das Thema grundlegend verstanden haben. Zudem könne der Chatbot auch beispielsweise Bücher zusammenfassen, was auch für Kinder und Jugendliche als Überblick im Lernalltag interessant sein kann.

Ein weiteres Potenzial des Chatbots liegt in der Textproduktion. So wird der Chatbot beispielsweise genutzt, um Übersetzungen vorzunehmen, Briefe zu formulieren oder automatisierte Antworten zu generieren. Die Stadtverwaltung Dormagen testet derzeit, ob ChatGPT bei der Beantwortung von Kundenanfragen hilfreich sein kann.

 

Vor der erstmaligen Nutzung von ChatGPT wird unter anderem diese Meldung angezeigt: Sie weist darauf hin, dass das System – obwohl Schutzmaßnhamen eingeleitet sind –falsche oder missverständliche Informationen weitergeben beziehungsweise beleidigende oder stereotype Inhalte von sich geben kann. Zudem sei das System nicht dafür gedacht, Rat zu geben (Quelle: Screenshot ChatGPT – 20.02.2023).

 

 

 

 

 

 

Die Antworten des Chatbots sind in den meisten Fällen gut formuliert und klingen schlüssig. Allerdings wird in den Antworten keine Quelle genannt – User*innen wissen also nicht, aus welchen Daten sich die Antwort speist. Die Fakten und Zusammenhänge können dabei auch falsch sein. ChatGPT weist auf diese Gefahr zwar bereits vor der Nutzung hin, dennoch birgt gerade die qualitativ hochwertige sprachliche Formulierung das Risiko, von falschen Fakten oder Zusammenhängen abzulenken.

Wie bereits bei anderen Chatbots ist auch bei ChatGPT der sogenannte Bias eine Herausforderung: Damit ist eine Verzerrung der Meinungsbildung durch einen systematischen Fehler gemeint. ChatGPT speist sich aus Daten aus dem Internet, die u. a. rassistische, sexistische, gewaltvolle und reihenweise stereotype Darstellungen enthalten. Diese können auch die Antworten des Chatbots beeinflussen. Auch auf diese Herausforderung wird zu Beginn der Nutzung hingewiesen, Kinder und Jugendliche sollten dafür explizit sensibilisiert werden.

Nutzungsbedingungen

Um den Chatbot zu nutzen, müssen sich User*innen ein Konto bei OpenAI anlegen. Dabei muss eine E-Mail und eine Telefonnummer sowie ein Vor- und Nachname angegeben werden. OpenAI behält sich vor, diese Daten mit den eingegebenen Fragen zusammenzufügen und für verschiedene Zwecke zu nutzen. Sie dürfen diese auch an Dritte weitergeben. ChatGPT weist zu Beginn der Nutzung auch darauf hin, dass die Konversationen aufgrund von Optimierungszwecken aufgezeichnet werden können und gibt den Tipp, keine sensiblen Informationen zu teilen.

Das Angebot ist derzeit kostenfrei, jedoch ist bereits ein kostenpflichtiges Abo eingerichtet. Experte Holger Schmidt spekuliert im FAZ-Podcast für Deutschland, dass die kostenfreie Anwendung zunächst ein Marketing-Trick war, um das Interesse der Öffentlichkeit zu wecken und ChatGPT anschließend kostenpflichtig zu machen. Es bleibt also fraglich, wie lange das Tool in dieser Form noch zur Verfügung steht.

Tipps für pädagogische Fachkräfte

ChatGPT kann gerade durch seine Fähigkeit, Texte zu produzieren, zu Herausforderungen, insbesondere im Prüfungs- beziehungsweise Schulkontext, führen. Dennoch ist es nachvollziehbar, dass Kinder und Jugendliche die Möglichkeiten des neuen Chatbots ausprobieren. Der Chatbot erregte hohes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Die Nutzung von ChatGPT zeigt daher auch ein Interesse Kinder und Jugendlicher, sich neuen Technologien zu öffnen. Fachkräfte sollten das Interesse ernst nehmen und aufgreifen und darüber hinaus sinnvoll fördern. In einer vertrauensvollen Atmosphäre können beispielsweise Nutzungsszenarien angesprochen werden. Die Nutzungsmöglichkeiten werden derzeit von vielen Seiten diskutiert und ausprobiert, so kann genauso mit Kinder und Jugendlichen gemeinsam ausgearbeitet werden, für welche Situationen eine Nutzung des Chatbots sinnvoll sein kann.

In diesem Zusammenhang sollten auch die Grenzen von ChatGPT angesprochen werden: Durch fehlende Quellennachweise sind die Informationen des Chatbots nicht immer vertrauenswürdig und teilweise auch nicht aktuell. Zudem besteht die Gefahr, dass sich in den Antworten des Chatbots rassistische, sexistische oder andere stereotype Muster finden. Kinder und Jugendliche müssen lernen, wie sie die Informationen, die ihnen der Chatbot gibt, einordnen können. ChatGPT gibt dabei auch einen Anlass, die Recherchekompetenz von Kindern und Jugendlichen zu stärken.

Zudem bietet die Auseinandersetzung mit ChatGPT die Möglichkeit, junge Menschen für das Thema Datenschutz zu sensibilisieren. So kann gemeinsam diskutiert werden, ob die Weiterverwendung von Daten von Kindern und Jugendlichen bei dieser Anwendung gerechtfertigt ist und ob sie damit einverstanden sind.

Werden Technologien der Künstlichen Intelligenz teilweise noch als futuristisches Szenario gehandhabt, zeigt ChatGPT, wie diese bereits in unserer Medienwelt angekommen sind und unseren (Medien-)Alltag zukünftig beeinflussen können. Gerade für Kinder und Jugendliche ist es wichtig zu verstehen, welche Technologien dahinterstecken, um einen selbstbestimmten Umgang mit der KI zu ermöglichen. Als aktuelles Anwendungsbeispiel von KI bietet ChatGPT die Möglichkeit, das Thema anzusprechen und zu veranschaulichen. Tipps für die Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz mit Kindern und Jugendlichen finden Sie in unserer Artikelreihe „KI in der medienpädagogischen Praxis“.

Marie Kätzlmeier