Online-Freundschaften

15.10.2020 | Aktuelles

Eine junge Frau sitzt am Tisch vor einem Notebook. Sie macht einen Videoanruf und formt ein Herz mit ihren Händen

Viele Kinder und Jugendliche haben Online-Freund*innen. Solche Freundschaften sind vielfältig – sie können sehr bereichernd sein, aber auch Risiken bergen. ACT ON! erklärt, was Sie als pädagogische Fachkraft über Online-Freundschaften wissen sollten.

Online-Freundschaften sind Freundschaften, die komplett oder zum einem großen Teil online geführt werden. Häufig entstehen sie in Games wie Fortnite, wenn gemeinsam in einem Team gespielt und gleichzeitig miteinander gechattet oder gesprochen wird. Auch über Social-Media-Angebote können Kinder und Jugendliche Freund*innen finden.

Besonderheiten von Online-Freundschaften

Im Vordergrund steht bei Online-Freundschaften meist ein gemeinsames Interesse, beispielsweise Gaming oder Tanzen. Durch diese Gemeinsamkeit lernen sich Kinder und Jugendliche besser kennen und freunden sich an.

Online-Freundschaften sind ebenso vielfältig, wie Freundschaften im wahren Leben. Manchmal sind sie oberflächlicher als traditionelle Freundschaften – zum Beispiel, weil keine persönlichen Treffen stattfinden und gemeinsame Erlebnisse in der „echten“ Welt als Basis fehlen. Das muss aber nicht so sein. Gerade schüchternen jungen Menschen kann es online leichter fallen, aus sich rauszukommen, als beim persönlichen Kontakt. Durch diese Offenheit besteht das Potential, dass sich Kinder und Jugendliche intensiver kennenlernen, als es in der Schule oder einem anderen Umfeld vielleicht der Fall wäre. Freund*innen mit ähnlichen Interessen und Hobbys zu finden, kann online ebenfalls leichter sein, weil dort beispielsweise über Foren oder Gruppen in Social-Media-Angeboten sehr einfach Menschen mit dem gleichen Hobby zusammenfinden.

Ein weiterer Vorteil von Online-Freundschaften liegt darin, dass Äußerlichkeiten, also das Aussehen oder die Kleidung, unter Umständen keine Rolle spielen. Lernen junge Menschen sich beispielsweise beim Gaming kennen, wissen sie womöglich gar nicht, wie der*die Spielpartner*in aussieht. Das ist allerdings nicht immer der Fall – entsteht eine Online-Freundschaft zum Beispiel über TikTok oder Instagram, kann es gut sein, dass man durch Selfies und Videos des*der Freund*in ein ganz genaues Bild vom Aussehen des*der anderen hat.

Risiken von Online-Freundschaften

Wer Online-Freundschaften führt, kommuniziert über Social-Media-Angebote oder Games. Dabei kann es zu Konflikten wie Onlinemobbing oder Hate Speech kommen. Ein Beispiel: Ist ein*e Spielpartner*in erfolgreicher im Gaming, könnte er*sie den*die Freund*in im Chat für die vermeintlich schlechte Leistung beleidigen und demütigen.

Leider kann man nicht wissen, wer sich wirklich hinter einem Online-Profil verbirgt. Ein*e vermeintlich gleichaltrige*r Freund*in könnte in Wahrheit eine erwachsene Person sein, die gezielt Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufbaut, um sie sexuell zu belästigen bzw. zu missbrauchen. Dieses Verhalten wird als Cybergrooming bezeichnet. Kriminelle greifen dabei zu cleveren Tricks und bauen sich beispielsweise ein Profil mit geklauten Fotos von jungen Menschen auf, sodass ihr Auftritt als Kind oder Jugendliche*r authentisch wirkt. Das kann auch im Zusammenhang mit Online-Freundschaften zu gefährlichen Situationen führen. Beispielsweise könnten freizügige Bilder an Kinder und Jugendliche verschickt werden oder sie könnten die Aufforderung erhalten, selbst freizügige Bilder zu versenden.

Fakt ist: Einem*einer Freund*in vertraut man. Daher besteht die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche sensible Informationen, wie ihre Adresse, an Fremde weitergeben. Dies könnte zum Beispiel missbraucht werden, um dem Kind oder Jugendlichen aufzulauern. Das freundschaftliche Verhältnis und damit einhergehende Vertrauen kann dazu führen, dass junge Menschen private Fotos von sich versenden. Auch in solchen Bildern können sich sensible Informationen verstecken, zum Beispiel Straßenschilder, die auf die Adresse hinweisen, oder Bilder von der Schule, auf die das Kind/der Jugendliche geht. Selbst scheinbar harmlose Informationen könnten missbraucht werden. Wenn beispielsweise die Lieblingsband durch ein Poster im Hintergrund offenbart wird, könnte das als vermeintliche Gemeinsamkeit dargestellt werden. Grundsätzlich sollten sensible Daten nie an Menschen weitergegeben werden, die nur aus dem Internet und nicht persönlich bekannt sind – auch nicht im privaten Chat.

Haben Kinder und Jugendliche online jemanden kennengelernt, ist es wahrscheinlich, dass sie diese Person auch offline treffen möchten. Dieser Wunsch ist nachvollziehbar. Sie sollten sich allerdings keinesfalls alleine und/oder im privaten Umfeld mit Personen aus dem Internet treffen. Stattdessen sollten sie von den Eltern begleitet werden und sich in der Öffentlichkeit verabreden, zum Beispiel in einem Café.

Tipps für pädagogische Fachkräfte

Pädagogische Fachkräfte sollten Kinder und Jugendliche für die Risiken von Online-Freundschaften sensibilisieren, allerdings ohne diese grundsätzlich schlecht zu reden. Ein offenes Gesprächsklima ist die Voraussetzung dafür, dass junge Menschen mit Erwachsenen ehrlich über Online-Bekanntschaften sprechen und sich nicht heimlich mit ihnen treffen. Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche sich bei Problemen oder in komischen Situationen trauen, andere um Rat zu fragen. Daher sollten pädagogische Fachkräfte sie ernst nehmen, wenn sie von ihren Online-Freundschaften berichten, und ihnen mit Verständnis begegnen. Wurden sie beispielsweise durch eine*n vermeintliche*n Online-Freund*in bedrängt, sollten sie unbedingt in dem Wissen bestärkt werden, dass sie selbst nichts falsch gemacht haben und sich immer an Erwachsene wenden sollten, wenn sie sich bei Online-Bekanntschaften unsicher sind. Zudem gilt es, Handlungsoptionen aufzuzeigen, zum Beispiel das Sperren oder Melden von Accounts. Kontakte, die Kinder und Jugendliche belästigen, sollten der Polizei gemeldet werden.

Lilly Werny