Quelle: unsplash.com/Igor Lypnytskyi
Frankreich hat es bereits seit 2017, in Norwegen wird es ab nächstem Jahr in Kraft treten: Das Gesetz zur Kennzeichnung von Bildbearbeitungen. Werbetreibende sind damit gesetzlich verpflichtet, Bildbearbeitungen transparent zu machen. Während in Frankreich nur Bearbeitungen an der Körperform gekennzeichnet werden müssen, werden in Norwegen neben Retuschen an der Größe auch solche an der Haut davon betroffen sein.
Der Grund für die Gesetzeseinführungen ist in beiden Ländern gleich: Der Druck, der durch vermeintlich perfekte Bilder auf die Gesellschaft und deren Körper ausgeübt wird, soll verringert werden. Bildbearbeitungen können, wie unter anderem wissenschaftliche Studien von Forscher*innen der Harvard Universität belegen, negative Konsequenzen für die öffentliche Gesundheit haben. So sorgen bearbeitete Werbebilder beispielsweise häufig für Essstörungen oder für die Verstärkung dieser.
Komplexes Thema für Kinder und Jugendliche
Kinder und Jugendliche sind davon nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil: Wie eine Studie der norwegischen Behörde zeigt, die die Gesetzeseinführung in Norwegen initiierte, erhalten 50 Prozent der 13 bis 18-Jährigen werbende Inhalte zu Produkten, die zur Gewichtsreduktion beitragen, in ihren digitalen Feeds. Dazu kommt, dass es Kindern und Jugendlichen häufig besonders schwerfällt, Bildbearbeitungen zu erkennen. Sie sind in ihrem digitalen Raum stets von bearbeiteten Bildern und den damit einhergehenden, teils unrealistischen, Schönheitsidealen umgeben, wodurch eine Differenzierung erschwert wird. Ungeachtet dessen suchen Heranwachsende gezielt nach Vorbildern und Personen, mit denen sie sich identifizieren und anhand derer sie sich selbst definieren können. Damit sind sie besonders gefährdet, unrealistischen Schönheitsidealen, die durch Bildbearbeitungen entstehen, nachzueifern.
Gesetze, wie es sie in Frankreich und bald auch in Norwegen gibt, sind damit ein wichtiger Schritt – nicht zuletzt zeigen sie, dass Bildbearbeitungen auf eine ernstzunehmende Problematik hinweisen und explizit thematisiert werden sollten. Dennoch sind die Gesetze in ihrer Durchsetzung häufig schwierig: In Frankreich beispielsweise werden die betroffenen Bilder teilweise so unauffällig gekennzeichnet, dass sich Zuschauende beim ersten Blick trotzdem nicht über die Bildbearbeitung bewusst werden. In Norwegen wird daher diskutiert, ein einheitliches Symbol zur Kennzeichnung einzuführen.
Tipps für die medienpädagogische Praxis
Wie effektiv solche Gesetze sind, bleibt derzeit also noch offen. Die medienpädagogische Arbeit bietet jedoch viele Möglichkeiten, das Thema aufzugreifen. Fachkräfte sollten Verständnis dafür aufbringen, dass die Unterscheidung zwischen originalen und echten beziehungsweise realistischen und unrealistischen Schönheitsidealen für junge Menschen schwierig sein kann. Gleichzeitig ist der Austausch darüber mit Kindern und Jugendlichen äußerst wertvoll und wichtig, da sie im Nachhinein Bildbearbeitungen häufig schneller erkennen und für das Thema sensibilisiert sind. Einen konkreten Methodenvorschlag, wie sich Kinder und Jugendliche auf eine spielerische Art mit dem Thema Bildbearbeitung auseinandersetzen können, finden Sie im nachfolgenden Infokasten.
Methode: Bearbeitet oder original? Bildbearbeitung erkennen
Die Teilnehmenden werden in Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe erhält ein mobiles Endgerät mit einer bereits vorher installierten App zur Bildbearbeitung, wie beispielsweise die App SNOW. Diese kann kostenlos heruntergeladen werden, die Datenerfassung durch die App variiert je nach Alter und Auswahl: Mit den Nutzenden wird in jedem Fall die Geräte-ID verknüpft, weitere Daten wie Standort oder Kontaktinformationen werden zwar getrackt, allerdings nicht mit der Person verknüpft. Mehr Informationen zu den Datenschutzrichtlinien der App gibt es hier.
In den Gruppen wird nun ein Motiv ausgesucht, das sie entweder selbst fotografieren oder von einer Plattform mit rechtefreien Bildern, wie beispielsweise pixabay, pexels pexels oder unsplash, herunterladen. Anschließend bearbeiten die Teilnehmenden das Bild selbst.
Das originale sowie das durch die Teilnehmenden bearbeitete Bild werden dann im Plenum von den Gruppen präsentiert. Dabei verraten die Präsentierenden allerdings nicht, welches davon bearbeitet wurde. Dies müssen die anderen Teilnehmenden jeweils selbst erraten.
Die Übung bietet eine gute Möglichkeit für eine anschließende Reflektion der Bildbearbeitungen. Leitfragen könnten dabei sein:
- Warum ist es manchmal gar nicht so einfach, Bildbearbeitungen zu erkennen?
- Warum habt ihr eure Bilder auf diese Art bearbeitet?
- Wie blickt ihr nun auf Bilder, die euch beispielsweise auf Social Media-Plattformen begegnen?
- Welche Effekte kann es haben, wenn man in Social Media vielen bearbeiteten Bildern begegnet?
Marie Kätzlmeier