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Besonderheiten (für Jugendliche)
Durch die Omnipräsenz von Social-Media-Plattformen sind auch Influencer*innen allgegenwärtig im Alltag von Kindern und Jugendlichen. Sie sind die prominenten Personen des digitalen Raums. Dennoch unterscheidet sie etwas von klassischen Promis und Stars, wie man sie aus Musik, Film und Fernsehen kennt. Aufgrund der Inhalte, die sie teilen, wirken sie für Kinder und Jugendliche wie Mitschüler:innen oder Freund:innen, wie jemand, den sie gut kennen. In Vlogs berichten sie über Erlebnisse aus ihrem Alltag, sie streamen ihre Erfolge in Videospielen oder geben Tipps für Mode, Make-Up, Dating, Schule und vieles mehr. Während man früher für private Informationen über Stars z. B. auf Zeitschriften und Beiträge im Fernsehen angewiesen war, geben Influencer:innen in Sozialen Netzwerken selbst Details über sich preis.
Denn mittlerweile sind Influencer*innen meist auf mehreren Plattformen vertreten. Gerade Instagram bietet viele Möglichkeiten für Influencer*innen, Inhalte zu teilen. Durch die Mischung aus Bildbeiträgen, Storys und Reels (Videobeiträge) können Jugendliche ihre Idole engmaschiger und zeitnäher verfolgen als noch auf YouTube. Beispielweise nutzen Influencer*innen die Story-Funktion, um direkt und anscheinend spontan in die Kamera zu sprechen.
Durch die Einblicke, die Influencer*innen in ihren Alltag gewähren, wirken sie auf Kinder und Jugendliche wie Freund*innen, die ähnliche Dinge wie sie erleben oder mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Das zeigt sich auch darin, dass sie ein gewisses Vertrauen in die Ratschläge und Tipps der Influencer*innen haben, obwohl sie diese nicht persönlich kennen.
Influencer*innen finanzieren sich über Kooperationen mit Werbepartner*innen und/oder über den Verkauf von Merchandise, eigenen Produkten wie z. B. Kosmetika oder Lebensmitteln. Hierbei wird von einem neuen Industriezweig gesprochen, dem Influencer*innen-Marketing. Unternehmen machen sich die Reichweite und zielgruppenspezifische Ansprache durch die Inhalte von Influencer*innen zu Nutze.
Über die Jahre haben sich Influencer*innen professionalisiert bzw. arbeiten zum Teil mit professionellen Agenturen zusammen. Daraus resultieren geschickte Produktplatzierungen und Werbekampagnen auf ihren Social-Media-Kanälen. So kann es sein, dass Kanalinhalte schwer von Werbeinhalten zu unterscheiden sind. In Kombination mit der Nähe zur Alltagswelt von Kindern und Jugendlichen ist es für diese besonders schwierig, Werbung als solche zu erkennen. Produktplatzierungen werden von Jugendlichen teilweise wie ein Ratschlag von guten Freund*innen wahrgenommen, denen sie vertrauen können. Es fehlt die notwendige Distanz, um Werbeinhalte kritisch betrachten zu können.
Werbestrategien – Reichweite generieren und Produkte platzieren
Die Werbestrategien der Influencer*innen sind für Kinder schwieriger zu durchschauen als z. B. Fernsehwerbung, in der vor Beginn eines Werbeblocks durch einen sogenannten Werbetrenner und die Gestaltung von Werbesports deutlich wird: Ein Unternehmen bewirbt hier ein Produkt. Im Gegensatz dazu stellen Influencer*innen Werbung als Teil des Alltags dar. Außerdem entsteht durch die Interaktion zwischen Influencer*innen und Follower*innen eine Beziehung, durch die Glaubwürdigkeit und Authentizität verstärkt werden. Es entsteht das Gefühl, Influencer*innen seien vertraute Personen, auf deren Ratschlag man sich verlassen kann. Teil der Werbestrategie ist es auch zu versichern, dass nur Produkte beworben werden, von denen Influencer*innen selbst überzeugt sind. Sie versichern, dass sie für ihre Community nur Produkte auswählen, hinter denen sie stehen. Kinder und Jugendliche vertrauen oft auf diese Aussagen und hinterfragen die Werbeversprechen daher nicht kritisch.
Für Unternehmen sind Influencer*innen Werbebotschafter*innen, die über ihre Reichweite genau die gewünschte Zielgruppe für ein Produkt erreichen können. So wird Werbung nicht mehr wie in klassischen Medien breit gestreut, sondern in die Lebenswelt der potenziellen Kund*innen eingebettet. Dieses Geschäftsmodell wird Influencer*innen-Marketing genannt.
Der Marktwert von Influencer*innen steigt mit ihrer Reichweite in Social-Media-Angeboten. Um also für Unternehmen interessanter zu werden, wenden sie Strategien an wie beispielsweise Verlosungen auf Social-Media-Plattformen, an denen man teilnimmt, indem man der Person folgt und den entsprechenden Beitrag kommentiert und/oder teilt. Für Kinder und Jugendliche ist es schwieriger zu durchschauen, dass so der Beitrag und damit der*die Influencer*in höhere Aufrufzahlen generiert. So wird der Beitrag vom Algorithmus bevorzugt in anderen Feeds eingespielt.
Eine weitere Taktik ist die Vergabe von Rabattcodes. Während die Follower*innen dadurch Werbung eher tolerieren, da sie das Gefühl haben, einen Gegenwert zu bekommen, können Unternehmen anhand eingelöster Rabattcodes den Erfolg der Werbekampagne mit den Influencer*innen messen.
Ideale Influencer*innen und Erwartungen
Aber was genau schätzen Kinder und Jugendliche an Influencer*innen? Neben einer positiven Lebenseinstellung und Humor, ist es vor allem die Disziplin und das Durchhaltevermögen, mit dem Influencer*innen sich ihre Reichweite aufbauen, was die jungen Zuschauer*innen fasziniert. Dazu gehört auch ein gewisses Selbstbewusstsein, mit dem sie etwaigen Anfeindungen begegnen, mit dem sie zu ihren eigenen Fehlern stehen und ihre Meinung vertreten. Außerdem gelten beliebte Influencer*innen als äußerlich attraktiv, kreativ begabt und haben meist ein Alleinstellungsmerkmal – etwa eine bestimmte Frisur als Markenzeichen. Durch ihre Fähigkeiten in Kombination mit ihrer disziplinierten Arbeitsmoral sind sie in den Augen der Kinder und Jugendlichen zu Recht erfolgreich.
Tipps für pädagogische Fachkräfte
Wie können pädagogische Fachkräfte Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, die Inhalte von Influencer*innen kritisch zu reflektieren?
Pädagogische Fachkräfte sollten Interesse an den Lieblings-Influencer*innen zeigen und diese nicht abwerten – auch, wenn sie die Begeisterung möglicherweise nicht nachvollziehen können. Nur ein offener Austausch und Interesse schaffen Vertrauen. Dieses ist ausschlaggebend für die Auseinandersetzung mit dem Thema sowie einen Austausch über Erfahrungen, Wünsche und Herausforderungen, die Kinder und Jugendliche beschäftigen.
Wichtig ist es zudem, die Professionalisierung der Influencer*innen und ihre Werbestrategien gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen zu reflektieren. Dabei kommen verschiedene Leitfragen zum Einsatz:
- Wie verdienen Influencer*innen Geld?
- Welche Werbestrategien nutzen sie?
- Finden Kinder und Jugendlichen diese okay?
- Woran erkennt man, ob es sich bei Inhalten um Werbung handelt?
Teil dieses Reflexionsprozesses ist es, dass Kinder und Jugendliche selbst vor die Kamera gehen. Ihre Aufgabe könnte sein, in der Rolle von Influencer*innen ein Werbevideo für ein Produkt zu erstellen. Dadurch können sie Werbestrategien besser verstehen, reflektieren und künftig Inhalte selbst kritisch hinterfragen. Praktische Medienarbeit ist ein wichtiger Baustein, um die Kinder und Jugendlichen dabei zu unterstützen, ihre Medienkompetenz zu fördern.
Julia Gerum