KI-Influencer*innen

23.01.2024 | Aktuelles

Virtuelle Influencer*innen sind nicht neu, werden aber aktuell in Bezug auf die Technologie KI diskutiert. Warum es virtuelle Influencer*innen gibt, wer oder was dahintersteckt und welche Chancen und Herausforderungen sie für Kinder und Jugendliche haben, erfahren Sie in diesem Beitrag Teil 3 unserer Artikelreihe „Social Media & KI“. 
Dass auf Social Media nicht alles echt und nicht alles Gold ist, was glänzt, ist mittlerweile bekannt. Influencer*innen werden häufig dafür kritisiert, nicht authentisch genug zu sein, sich nur von ihrer besten Seite zu zeigen und Veränderungen bspw. an ihrem Aussehen nicht transparent zu machen. Obgleich fraglich ist, wie realitätsnah sich Influencer*innen inszenieren, ist jedoch meist klar, dass hinter dem Account ein realer Mensch steckt.  

Anders ist das bei sogenannten Virtuellen Influencer*innen: Dabei handelt es sich um computergenerierte Charaktere, die auf verschiedenen Social-Media-Plattformen auftreten. Sie posten regelmäßig Content, erzählen von sich und gehen Werbedeals ein.  

Oft ist das Profil einem Themenbereich gewidmet. So setzt sich @lilmiquela beispielsweise für politische Themen ein und zeigt Solidarität zur Bewegung #BlackLivesMatter, @iongottlich tritt als professioneller Radfahrer auf und @shudugram als südafrikanisches Model. Wie bei anderen Influencer*innen auch, ist hier also eine große Vielfalt zu erkennen.  

Kostenlose Werbefläche für Unternehmen 

Wer hat diese virtuellen Influencer*innen aber nun ins Leben gerufen? Obwohl sie computergeneriert sind und keine echten Menschen abbilden, steckt hinter den virtuellen Influencer*innen derzeit immer noch der Mensch – beziehungsweise in den meisten Fällen Unternehmen, denn diese haben einen besonderen Nutzen an virtuellen Influencer*innen: Sie können diese als Werbefläche nutzen, ohne sie dafür bezahlen zu müssen. Mit virtuellen Influencer*innen können jährlich teilweise Millionenbeträge erwirtschaftet werden. Genauso wie menschliche Influencer*innen bewerben KI-Influencer*innen auf ihren Profilen Produkte. Dabei werden unter anderem mit anderen Unternehmen Werbedeals abgeschlossen, das Geld für die Werbung fließt dann wiederum an das Unternehmen oder die Agentur, die den*die KI-Influencer*in generiert. Für Unternehmen haben virtuelle Influencer*innen außerdem noch einen weiteren Vorteil: Sie haben kein menschliches Gewissen und können daher auch keine eigenständige Kritik an Unternehmen, Produktionsbedingungen oder anderen gesellschaftspolitischen Strukturen üben 

Die Unternehmen überlegen sich dabei das Konzept für den*die virtuelle*n Influencer*in, generieren diese mit entsprechenden Computerprogrammen und posten den Content auf den entsprechenden Plattformen. Gerade im Kontext des aktuellen Hypes um generative Künstliche Intelligenz (KI) werden Vermutungen geäußert, dass die virtuellen Influencer*innen selbständig seien und ausschließlich durch einen Computer, ohne Einfluss des Menschen generiert würden. Grund zur Annahme gibt auch der Begriff KI- oder AI-Influencer*innen, mit dem virtuelle Influencer*innen häufig bezeichnet werden.  

KI-Influencer*innen durch Menschen generiert 

KI-Anwendungen werden für die Generierung zwar genutzt. So wird beispielsweise bei @kuki_ai ein Chatbot eingesetzt, sodass Follower*innen mit ihr interagieren können. Bei der schwedischen KI-Influencerin Esther Olofsson werden Postings mit Hilfe von KI-Tools generiert: Die Bilder werden mit Bild-Generatoren erstellt und animiert, die Texte durch ChatGPT entworfen und die Stimme durch die KI-Anwendung Replica Studio. Dennoch agiert hier keine eigenständige KI: Diese KI-Tools werden durch sogenannte Befehle („Prompts“) bedient, damit das Tool erkennt, welche Art von Bild oder Text zu erstellen sind. So wurde auch das Titelbild dieses Beitrags mit Hilfe des Canva Text-zu-Bild Generators erstellt. Die Prompts – in diesem Fall „Virtuelle Influencerin, Reisen, Instagram“ mussten wir dafür händisch eingeben.

Screenshot (08.01.2024) von canva.com 
Unrealistische Schönheitsideale und wenig Diversität  

Die Menschen hinter KI-Influencer*innen können bei der Erstellung also ihre eigenen Ideen einfließen lassen und kreativ werden. Gerade in Bezug auf die Repräsentation von Vielfalt könnten KI-Influencer*innen also spannend sein und hinter manchen KI-Influencer*innen stecken auch positive Absichten. So berichtet der Ersteller der KI-Influencerin @noonoouri Joerg Zuber: Es war mir wichtig, dass Noonoouri eine Botschaft hat. Durch sie habe ich eine Plattform, um etwas zu bewegen. Ich will diese Chance nutzen, da es viele reale Influencer leider zu selten tun“. Noonoouri, die mit vielen Modemarken kooperiert, setzt sich deshalb auch für nachhaltige Mode ein. Ein weiteres Beispiel ist die virtuelle Influencerin @itskamisworld (Kami), die von Menschen mit Down-Syndrom mit dem Ziel erschaffen wurde, den Alltag mit der Behinderung sichtbar zu machen 

Trotz dieser Beispiele bedienen die meisten KI-Influencer*innen allerdings gängige Schönheitsideale und geschlechterstereotype Darstellungen. Ein Grund dafür sind die Plattformlogiken: Am beliebtesten sind auf den meisten Social-Media-Plattformen immer noch Profile, die Stereotypen bedienen. In der Folge kann also mit solchen Profilen am meisten Geld verdient werden. Zu beachten ist außerdem, dass viele der KI-Influencer*innen durch ihr häufig makelloses Aussehen auch unrealistische Schönheitsideale verkörpern und insbesondere auf Kinder und Jugendliche Druck ausüben können.  

Tipps für Fachkräfte  

Virtuelle Influencer*innen sind für Kinder und Jugendliche häufig schwer greifbar. Fachkräfte können sie unterstützen, zu verstehen, wer die computergenerierten Charaktere ins Leben ruft und dabei auch die ökonomischen Interessen von Unternehmen und Agenturen, die diese Influencer*innen kreieren, deutlich machen.  

Genauso wie bei menschlichen Influencer*innen gilt es bei virtuellen Influencer*innen stets zu hinterfragen, wie die Person auftritt und welche Interessen dahinterstecken. Um Kinder und Jugendliche zur Reflektion anzuregen, können beispielsweise Methoden wie „Best of Instagram“, „Influencer*innen-Profiling“ oder „Ausgecheckt“, in denen die Analyse von Influencer*innen-Profilen im Fokus steht, auf KI-Influencer*innen übertragen werden. In der Analyse von KI-Influencer*innen lernen Kinder und Jugendliche ebenfalls wichtige Werkzeuge kennen, um zu hinterfragen, ob es sich um ein Profil eines Menschen oder ein KI-generiertes handelt.  

Weiterführend kann über die Technologie „KI“ diskutiert werden. Viele KI-Influencer*innen tragen ein Label in ihrer Profilbeschreibung, das darauf hinweist, dass sie computergeneriert sind. Hier kann gemeinsam besprochen werden, inwiefern die Jugendlichen eine Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten für sinnvoll halten.  

Virtuelle Influencer*innen bieten außerdem gute Gesprächsanlässe, um gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen darüber nachzudenken, wie Vielfalt auf Social Media für sie aussieht: Welche Influencer*innen würden sie also selbst generieren? Dies kann im Anschluss auch praktisch umgesetzt werden. Eine Anleitung finden Sie in der webhelm-Methode „Influencer*innen erstellen mit KI“.  

Marie Kätzlmeier