Die Social-Media-Plattform Yubo wird weltweit bereits von mehr als 20 Millionen Menschen genutzt. Auch in Deutschland wird sie immer populärer. Von den Plattformbetreiber*innen wird Yubo als soziales Netzwerk beschrieben, das dazu dient, neue Leute kennenzulernen und Freunde zu finden. User*innen können unter anderem Einzel- oder Gruppenchats führen, Games spielen und streamen. Das bedeutet, Nutzer*innen können ein Live-Video von sich aufnehmen und dabei chatten, beziehungsweise die Live-Videos anderer Personen anschauen und kommentieren.
Dating-App oder nicht?
Darüber hinaus ist es möglich, zu swipen. Darunter versteht man ein Prinzip, das vor allem durch die Dating-App Tinder bekannt wurde. Beim Swipen entscheiden man mit einem Wisch nach rechts oder nach links, ob etwas gefällt oder nicht. Im Fall von Tinder sieht man ein Bild einer anderen Person und entscheidet, je nach Wischrichtung, ob man diese kennenlernen möchte oder nicht. Bei Yubo kommt das gleiche Prinzip zum Einsatz. Die User*innen sehen das Profil eines*einer anderen Nutzers*Nutzerin und entscheiden durch Swipen, ob sie Kontakt zur der Person aufnehmen möchten. Entscheiden sich beide User*innen dafür in Kontakt zu treten, können sie einen Chat starten. Aufgrund dieser Swiping-Funktion wurde Yubo auch als „Tinder for Teens“ bekannt, also als Tinder für Kinder oder Jugendliche. Das Unternehmen hinter Yubo, Twelve App, fühlt sich mit diesem Vergleich nicht wohl – man ziehe sogar in Betracht, die Swiping-Funktion zu deaktivieren. Yubo sei keine Dating-App, sondern dazu da, neue Freund*innen zu finden. Tatsächlich scheinen viele junge User*innen Yubo aber durchaus als Dating-App zu verwenden, wie beispielsweise YouTube-Videos zum Thema zeigen (unter anderem von Emma-Jane Thompson oder Livvy Day).
Altersfreigabe und Fake-Accounts
Freigegeben ist Yubo ab 13 Jahren. Minderjährige User*innen benötigen die Zustimmung der Eltern – so jedenfalls in der Theorie. Doch es findet keinerlei Überprüfung der Altersangabe statt. Wie bei anderen Social Media-Angeboten müssen Kinder und Jugendliche bei der Registrierung lediglich das Geburtsdatum angeben. De facto können sich Kinder und Jugendliche jeden Alters problemlos registrieren und in die „Hauptcommunity“ ab 18 Jahren gelangen.
Um Yubo nutzen zu können, muss ein Foto mit dem Gesicht des*der Nutzer*in hochgeladen werden. Ist kein Gesicht auf dem Bild zu sehen, erkennt die App dies automatisch. Das erscheint sinnvoll, um Fake News zu entlarven, zwingt Kinder und Jugendliche allerdings auch, ihre Identität zu entlarven. Zudem könnten User*innen Fotos fremder Personen verwenden. Erwachsene könnten sich so beispielsweise als Jugendliche ausgeben, um Cybergrooming zu betreiben. Daher kann man die eigene Identität über die App „Yoti“ verifizieren lassen, bei unter 18-Jährigen ohne Registrierung und ohne, dass ein Ausweisdokument hinterlegt werden muss. Yoti hat ein Prüfsiegel der FSM (Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter) erhalten. Die Dienste und Maßnahmen entsprächen den gesetzlichen Anforderungen des Jugendmedienschutzes. Durch die Überprüfung der Identität bei Yoti soll sichergestellt werden, dass es sich nicht um einen Fake-Account handelt. Diese Verifizierung ist kein Muss. Man erkennt aber an einem gelben Haken hinter dem Profilnamen, wenn ein*e Nutzer*in verifiziert wurde.
Als weiteren Sicherheitsfaktor nennt Yubo die Community Richtlinien, die strenger seien, als bei anderen Social Media-Plattformen. Tatsächlich ist dort beispielsweise festgeschrieben, dass keine ungeeignete/freizügige Kleidung, wie Badesachen oder Unterwäsche, auf den Fotos und Videos getragen werden darf.
Technologien und Moderator*innen sollen für Sicherheit sorgen
Um die Einhaltung der Sicherheitsstandards zu überprüfen, setzt Yubo auf eine Kombination aus Moderator*innen und Technologien wie Künstliche Intelligenz. Beispielsweise vergleicht ein Algorithmus Profilbilder, sprich das Aussehen von User*innen, mit den angegebenen Geburtsdaten. So will die Plattform herausfinden, ob es sich bei dem*der jeweiligen User*in tatsächlich um eine*n Erwachsene*n oder um ein Kind beziehungsweise eine*n Jugendliche handelt. Auch Bilder aus dem Internet könnten mithilfe von Technologien als Fakes entlarvt werden. Darüber hinaus sollen so Bilder entdeckt werden können, die gegen die Community Richtlinien verstoßen, zum Beispiel weil jemand in Unterwäsche oder nackt darauf abgebildet ist. Wie gut dies funktioniert, ist fraglich. „Die Funktionalität dieses Tool ist […] nicht gesichert“, so die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz. Zudem werden solche unangemessenen Inhalte laut der Yubo-Datenschutzerklärung automatisch erfasst und Beiträge der Nutzer*innen gesammelt und verarbeitet. Verantwortlich für das Speichern der Daten ist das französische Unternehmen hinter Yubo, Twelve App SAS. Die gesammelten Daten werden auch mit Subunternehmen von Twelve App geteilt.
User*innen können andere Nutzer*innen recht schnell und einfach an Yubo melden, zum Beispiel, wenn sie gegen die Community Richtlinien verstoßen oder Hate Speech betreiben. Auch das Blockieren von Nutzer*innen ist einfach möglich. Es können Sicherheits- und Datenschutzeinstellungen im Profil vorgenommen werden, zum Beispiel, dass der Wohnort nicht angezeigt wird. Der Standortzugriff kann in der App zwar generell verboten werden, allerdings sind dann wesentliche Funktionen nicht nutzbar.
Yubo birgt Risiken
Jugendschutz.net bezeichnet Yubo als “riskante App zur Freundessuche”, wie es in einer Einschätzung heißt. Risiken entstünden beispielsweise durch teure In-App-Käufe und mögliche Fremdkontakte. Die britische National Society for the Prevention of Cruelty to Children (NSPCC) sieht bei Yubo ein hohes Risiko dafür, „dass Jugendliche ab 13 Jahren mit sexuellen Inhalten sowie Gewalt und Hass konfrontiert werden“, berichtet der Tagesspiegel. Gründe dafür seien unter anderem die Live-Streaming- und Standort-Funktion sowie Elemente, die denen von Dating-Apps für Erwachsene gleichen.
Onlinemobbing, Hate Speech, Cybergrooming und sexuelle Belästigungen sind möglich, letztere zum Beispiel in Form von ungefragt versendeten Nacktbildern. Startet ein*e User*in einen Live-Stream, können fremde Person ihr*ihm zusehen und das Video gar aufnehmen oder Screenshots anfertigen. Auch Erpressung ist als mögliche Folge denkbar, beispielsweise, wenn im Video unangemessene Inhalte gezeigt werden oder peinliche Situationen geschehen.
Die Swipe-Funktion bringt junge Nutzer*innen zudem dazu, Menschen aufgrund ihres Aussehens innerhalb weniger Sekunden zu beurteilen und zu kategorisieren. Das könnte eine sehr oberflächliche Einstellung fördern und stereotype Geschlechter- und Schönheitsbilder begünstigen. Darüber hinaus beinhaltet Yubo In-App-Käufe, zum Beispiel um dem eigenen Profil mehr Sichtbarkeit zu verleihen oder weitergehende Funktionen freizuschalten.
Das können Sie als pädagogische Fachkraft tun
Pädagogische Fachkräfte sollten Kinder und Jugendlichen für die Risiken von Plattformen wie Yubo sensibilisieren und Themen wie Cybergrooming, Onlinemobbing und sexuelle Belästigung (zum Beispiel durch ungefragt versendete Nacktbilder) aufgreifen. Dabei sollte die Nutzung solcher Apps nicht verurteilt werden.
Es ist verständlich und normal, dass junge Menschen andere Personen kennenlernen möchten. Apps wie Yubo treffen den Zeitgeist, können für Kinder und Jugendliche sehr aufregend sein und ihnen viel Spaß bescheren. Es ist wichtig, dass junge Menschen Vertrauen zu pädagogischen Fachkräften haben und sich an sie wenden, wenn ihnen etwas komisch vorkommt. Daher sollte ihnen nicht das Gefühl vermittelt werden, sich für die Nutzung von Yubo oder ähnlicher Apps schämen zu müssen.